Als Rektumkarzinom gelten Tumoren, deren unterer Rand bei der Messung mit dem starren Rektoskop 16 cm oder weniger von der Anokutanlinie entfernt ist.
Risikofaktoren:
- definierte genetische Krankheitsbilder (5-10% der Neuerkrankungen)
o Hereditäres kolorektales Karzinom ohne Polyposis (HNPCC, Lynch Syndrom) mit Mutationen in den Mismatch Repair (MMR) Genen (2-5%)
o MSH2 (HNPCC1): etwa 60 % der Patienten
o MLH1: etwa 30 % der Patienten
o PMS1, PMS2, MSH6, TFGBR2, MLH3
o Familiäre Adenomatöse Polyposis (FAP) mit Keimbahnmutationen innerhalb des APC Gens (1%)
o Attenuierte Familiäre Adenomatöse Polyposis (AAPC) mit Keimbahnmutationen im 5‘ Ende des APC Gens und komplettem Funktionsverlust
o Peutz – Jeghers – Syndrom mit Keimbahnmutationen im STK11 Gen
o Cowden – Syndrom mit Keimbahnmutationen in PTEN Genen - anamestisch genetische Belastung
- Erkrankung bei einem oder mehreren Verwandten 1. Grades vor dem 50. Lebensjahr
- kolorektale Adenome als Vorläufer sporadischer Karzinome (Adenom-Karzinom-Sequenz)
- chronisch entzündliche Darmerkrankungen: Colitis ulcerosa, Morbus Crohn
- Toxisch: hoher Alkoholkonsum und Rauchen
- Ernährung: ballaststoffarm, fettreich, hoher Anteil an rotem Fleisch und verarbeiteten Wurstwaren, geringer Anteil an Gemüse
- Lebensstil: Adipositas, Bewegungsmangel
Der Therapie sollte eine feingeweblichen Untersuchung zur exakten Diagnosestellung vorausgehen. Für die Therapieplanung ist die Unterscheidung in sog. “low-grade“ und “high-grade“ Karzinome entscheidend. [Als “high-grade“ Karzinome werden schlecht differenzierte Adenokarzinome (G3), Siegelringzellkarzinome, kleinzellige und undifferenzierte Karzinome klassifiziert].
Eine kurative Therapie des Rektumkarzinoms erfolgt in der Regel durch Resektion des tumortragenden Enddarms zusammen mit seiner umgebenden Hüllschicht (Mesorektum, TME) im Gesunden und en-bloc-Entfernung des regionären Lymphabstromgebietes. In streng ausgewählten Fällen ist eine kurative Behandlung auch durch lokale endoskopische oder lokale chirurgische Verfahren (transanale Abtragung, Vollwandexzision) möglich, wobei die Indikationsstellung von der Tumorlokalisation, -grösse (pT1) und -differenzierung (nur “low-grade“ Karzinome, G1-2, L0) abhängig ist. Wichtig ist eine stadiengerechte Therapie.
Operationsverfahren
- anteriore Rektumresektion
- abdomino-perineanale Rektumexstirpation
- intersphinktäre Rektumresektion
- transanale Abtragung (z.B. TEM)
Interdisziplinäre Therapiekonzepte
Im Krankenhaus Braunau erfolgt die Therapieplanung für alle Patienten mit einer bösartigen Erkrankung interdisziplinär. Das Tumorboard findet donnerstags vormittags statt.
Die Zahl der sphinktererhaltenden Resektionen kann durch den Einsatz einer neoadjuvanten Radiochemotherapie gesteigert werden.
Zur Früherkennung empfiehlt sich ab dem 40. Lebensjahr eine jährliche rektale Untersuchung und eine Stuhluntersuchung auf okkultes Blut (Hämoccult Test®) sowie eine Koloskopie ab dem 50. Lebensjahr. Die österreichischen und deutschen Vorsorgeempfehlungen sind uneinheitlich.
Die Nachsorge nach Rektumkarzinomerkrankungen ist wesentlich für die frühe Diagnosestellung eines lokalen Rezidives oder einer Fernmetastasierung und sollte konsequent erfolgen. Anbei befinden sich die Nachsorgeempfehlung der Österreichischen Gesellschaft für Hämatologie & Medizinische Onkologie (OEGHO) sowie der Deutschen Krebsgesellschaft (DKG).
Nachsorgeempfehlung bei Patienten mit Rektumkarzinom UICC – Stadium I (DKG)
Untersuchung | Monate | ||||||
6 | 12 | 18 | 24 | 36 | 48 | 60 | |
Anamnese, körperliche Untersuchung | + | + | |||||
Koloskopie * | + |
* 3 Monate postoperativ, wenn präoperativ Abklärung des gesamten Kolons nicht möglich. Nach dem 5. Jahr alle 3 Jahre Koloskopie.
Nachsorgeempfehlung bei Patienten mit Rektumkarzinom nach lokaler Excision (DKG)
Untersuchung | Monate | ||||||
6 | 12 | 18 | 24 | 36 | 48 | 60 | |
Anamnese, körperliche Untersuchung | + | + | + | + | + | + | + |
Rektoskopie o. Sigmoidoskopie, evtl. Endosonographie | + | + | + | ||||
Koloskopie * | + | + |
* 3 Monate postoperativ, wenn präoperativ Abklärung des gesamten Kolons nicht möglich. Nach dem 5. Jahr alle 3 Jahre Koloskopie. Nach endoskopischer Abtragung eines gestielten Polypen mit T1-Karzinom low risk sind bei tumorfreier Polypenbasis die Nachuntersuchungen nach 12 und 18 Monaten entbehrlich.
Nachsorgeempfehlung bei Patienten mit Rektumkarzinoma im UICC-Stadium II+III (DKG)
Untersuchung | Monate | ||||||
6 | 12 | 18 | 24 | 36 | 48 | 60 | |
Anamnese, körperliche Untersuchung, CEA b | + | + | + | + | + | + | + |
Abdomen-Sonographie | + | + | + | + | + | + | + |
Röntgen-Thorax (in 2 Ebenen) | + | + | + | + | |||
nach Rektumresektion: Rektoskopie o. Sigmoidoskopie, evtl. Endosonographie | + | + | + | + d | + d | ||
Koloskopied | + | + | |||||
Computertomographie Abdomen und Becken | 3 Monate nach Abschluss der tumorspezifischen Therapie (Operation bzw. adjuvanter Strahlen/Chemotherapie) |
a Tumoren, die nicht eindeutig dem Rektum oder Sigma zuzuordnen sind (sog. Rektosigmoidkarzinome) werden in der Tumornachsorge wie Rektumkarzinome behandelt;
b Die American Society of Clinical Oncology (ASCO) hat 1996 und 1999 [1, 2] die CEA-Bestimmung bei Patienten mit kolorektalem Karzinom des Stadiums II und III alle 2-3 Monate für 2 Jahre empfohlen, allerdings nur für Patienten, die willens und in der Lage sind, sich bei Auftreten von Metastasen einer Leberresektion zu unterziehen.
c Nach adjuvanter Strahlen/Chemotherapie wegen verzögert auftretender Lokalrezidive;
d 3 Monate postoperativ, wenn präoperativ Abklärung des gesamten Kolons nicht möglich.
Nach dem 5. Jahr alle 3 Jahre Koloskopie.
Strukturierte Nachsorgeempfehlung bei Patienten mit einem kolorektalen Karzinom (OEGHO)